Samstag, 1. Februar 2014

Gear Review: Schlaftüten: US Army vs. Bundeswehr - Biwaksäcke im Vergleich


Du willst draußen schlafen und einen Schlafsack benutzen? Der Natur nahe oder einfach nur leichter unterwegs sein, und deshalb auf ein Zelt verzichten? Wunderbar! Wind und Nässe können das Outdoorvergnügen aber erheblich trüben. Ein Biwaksack bietet Wetterschutz, ohne gleich den Blick auf den Sternenhimmel zu verstellen. Wir vergleichen für euch zwei militärische Varianten, die besonders im Preis-Leistungsverhältnis überzeugen.

Unsere Kandidaten sind der US Army Bivy Bag und der Schlafsacküberzug der Bundeswehr (Bw), hergestellt von Workfashion.

Zunächst zu den Gemeinsamkeiten:

- beide Säcke wiegen jeweils ziemlich genau 1000g und sind etwa gleich lang (ca. 2,40m)
- beide sind aus dreilagigem Gore-Tex-Laminat gefertigt, die Nähte sind wasserdicht getaped
- das Platzangebot ist komfortabel: Schlafsack, Isomatte und ein kleiner Rucksack passen mit rein
- der Preis: Bei Ebay sind beide Modelle gebraucht und neuwertig für 45-90 EUR zu haben

Unterschiede:

- Farbgebung (Bundeswehr oliv vs. US woodland)

Bundeswehr Biwaksack links, US Modell rechts

Material:

Der Bw-Sack ist durchgängig aus dem gleichen Gore-Tex-Material gefertigt. Aus meiner Sicht clever gelöst: Beim US-Modell besteht die Unterseite aus einem robusteren Material, dafür ist die Gore-Tex-Oberseite etwas filigraner. So erklärt sich das identische Gewicht der Säcke trotz unterschiedlichem Materialeinsatz. Für die Atmungsaktivität ist vor allem die Oberseite entscheidend (warme, feuchte Luft steigt vom Körper nach oben). Die Unterseite liegt ohnehin auf dem Boden und darf daher gern etwas abriebfester/wasserdichter sein.

Einstieg:

Beim Bw-Sack verläuft der Reißverschluss auf der Oberseite und reicht vom Kopf bis knapp zur Hälfte des Sacks. Abgedeckt ist er mit einer Klettleiste. Das Army Modell hat den Reißverschluss auf der rechten Seite und reicht gute zwei Drittel der Gesamtlänge hinab, ähnlich einem Schlafsack. Abgedeckt ist der Reißverschluss ebenfalls mit einer Leiste, die mit Druckknöpfen fixiert werden kann.

Der Bw-Sack wird auf der Oberseite in der oberen Hälfte geöffnet.

Kompletter Verschluss:

Der Bw-Sack lässt sich mit dem Reißverschluss komplett verschließen. Beim US-Sack beginnt der Reißverschluss - wie bei einem Schlafsack - auf Hals- bzw. Schulterhöhe. Das Kopfteil wird lediglich über den Kopf gezogen und am höchsten Punkt über dem Haarschopf mit einem Klettverschluss (ca. 8x8cm) geschlossen, überlappt aber zu allen Seiten großzügig.

US Biwaksack geschlossen (links) und mit geöffnetem Kopfteil (rechts).

Bewertung:

Preis und Gewicht sind - da vergleichbar - keine kaufentscheidenden Faktoren für das eine oder das andere Modell. Die Farbgebung ist Geschmackssache. Die Tarnwirkung ist bei beiden in mitteleuropäischer Vegetation vergleichbar gut und übetrifft alle mir bekannten zivilen Produkte. Letztlich kommt der Bw-Sack einfarbig etwas ziviler daher.

Bei der Materialverwendung punktet für mich die Army-Variante, weil mir der etwas solidere Boden mehr Sicherheit gibt. Grundsätzlich sind aber beide Säcke sehr robust gebaut. Ich konnte beim Army-Modell keine Nachteile bei der Atmungsaktivität feststellen, im Gegenteil: Nach meiner Erfahrung "atmet" der US-Sack etwas besser. Kondensprobleme hatte ich in sechs Jahren darin noch keine.

Zwar ist die potenzielle Kältebrücke durch den kürzeren Reißverschluss beim Bw-Sack kleiner. Allerdings kann hier nicht nur kalte Luft leichter eindringen, sondern auch warme leichter entweichen. Das ist für die Praxis aber eher eine theoretische Überlegung. Ich komme mit dem Längeren, Seitlichen des US-Sacks jedenfalls besser zurecht. In der Praxis habe ich auch keinen Nachteil bezüglich Wärmeverlust wahrgenommen. Tatsächlich lässt sich die Wärme IM Sack damit besser regulieren und bei leichtem Nieselregen kann man sogar seitlich lüften, was bei dem Reißverschluss auf der Oberseite nicht so gut geht.

Das Handling ist beim US-Modell einfach wie beim Schlafsack. Kein Umdenken notwendig, und der Einstieg sowie das Einlegen von Isomatte und Schlafsack wegen der weiteren Öffnung komfortabler. Man kommt auch schneller raus, wenn es sein muss. Liegt der Reißverschluss beim Schlafsack allerdings links, ist der mittige Reißverschluss des Bw-Sacks besser zu erreichen.



Mir ist jedenfalls eine Oberseite aus einem Stück lieber. Auch, wenn der Reißverschluss beim Bw-Sack eine Leiste gegen Regenwasser hat. Ich war mit dem Army-Sack einmal über Nacht leicht eingeschneit und war froh, ihn nicht an der Oberseite öffnen zu müssen.

Man kann dem Bw-Sack zugute halten, dass er über den Reißverschluss tatsächlich komplett verschließbar ist - also auch gegen Getier. Ich nutze meistens den US-Sack und stelle keinen Nachteil hinsichtlich Wasser- und Winddichtigkeit im Kopfbereich fest. Die Überlappung und die Klettfläche funktionieren zuverlässig. Ich hatte auch noch nie eine Ameise/Spinne zu Gast.

Auch kommt man deutlich schneller und leiser mit dem Oberkörper raus, ohne nach einem Reißverschluss suchen zu müssen (der letztlich auch immer eine potenzielle Fehlerquelle darstellt), und eine Klettleiste zu öffnen.

Fazit:

Beide Säcke sind tadellos verarbeitet, robust und funktionieren zuverlässig. Mit jeweils einem Kilo sind beide Modelle keine Leichtgewichte. Dafür schlagen sie ihre zivilen Gore-Tex Pendants im Preis und oft in der Robustheit und der Performance. Immerhin handelt es sich bei beiden nicht um Notfall-Lösungen für eine ungeplante Übernachtung, sondern um vollwertigen Wetterschutz für den Langzeiteinsatz.

Die genannten Unterschiede sind letztlich eine Frage der persönlichen Präferenz. Für mich funktioniert der US Army Sack aus den oben beschriebenen Gründen besser. Deshalb habe ich mir auch einen zweiten als Reserve gekauft. Bin ich bei stabiler Wetterlage in etwas belebteren Gegenden und "offiziell" unterwegs, greife ich der Umwelt zuliebe eher zum "zivileren" Bw-Modell.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen